St. Patrick’s Day

Ich wurde von einem lautem Fluchen kurz vor 10 Uhr geweckt. Die Stimme kannte ich natürlich von langen Abenden.

Brian wollte seine Yacht über alle Toppen flaggen und, … seine Flaggenleine war ausgerauscht und lag im Hafenwasser. Nach dem Einholen wurde natürlich erst mal ein irisches Bier getrunken, heute ‚mal nicht grün eingefärbt, ansonsten waren die T-Shirts und die Hüte überall grün. Schnell wurde von den Nachbarcrews Hilfe geleistet.

Das ging so bis zur Teezeit. Dann wankten die ersten auf ihr Schiff zurück, während neue Trinkfeste dazu kamen. Und, wie hätte es anders sein können, irgendwann im Dämmern stimmte Brian persönlich die ersten irischen Lieder an und begleitete sich auf der Bodhran-Trommel. Der Gesang wurde lauter, immerhin saßen jetzt schon 21 Personen im Cockpit, auf der Badeplattform oder auf den Seitendecks und grölten mit. „Whiskey in the Jar“ wurde nicht nur gesungen, sondern floss auch neben reichlich Bier durch die Kehlen.

Für mich war es schon seltsam, dass der Todestag eines Missionars und Schutzheiligen der Iren bei sommerlichen Temperaturen hier spontan von allen Nationalitäten gefeiert wurde. Auch Bayern waren dabei! Aber Party ist Party. Also packte ich mein Keyboard aus, stimmte mich und das Instrument mit einem Whiskey zum Vorglühen irisch ein und wagte mich vorsichtig auf den Nachbarsteg.

Neben einem grünen Shirt hatte ich meine LED-Suchlampe vor der Stirn unter dem Hut eingeschaltet, damit ich den umgeschriebenen Text lesen konnte. Brian spülte gerade Gläser und so konnte er mich nicht sehen. Ich ließ ihm ausrichten, dass draußen ein nichtirischer Troubadour wartete und postierte mich auf dem dunklen Steg in einem Campingstuhl bis Brian kam, schmiss den Riemen auf die Orgel, immerhin hatte ich 6 neue Batterien eingelegt, und sang mit gepresster Louis Armstrong – Stimme: „I see nothing, because it is dark. But I hear Irishmen, singing loud. And I think to my self: What a wonderful world.“

Schon bei der ersten Strophe kam andächtige Stille auf und der Refrain wurde im ganzen Hafen mitgesungen. Brian konnte es kaum fassen und beorderte mich sofort ins Cockpit, wobei er mir zu fest auf die Schulter klopfte. Fortan musste ich nun mit der Unterstützung von zwei Gitarristen und Percussionisten die halbe Nacht eingeengt spielen. Natürlich sang Brian, den ich begleitete, auch seinen selbstkomponierten Aldiliddelaldi-Song für die johlenden Zuhörer, die mittlerweile auf dem Steg und den umliegenden Schiffen mit von der Party waren. Den hatte er geschrieben, als seine Frau sich das Bein gebrochen hatte und er immer zu Aldi und Lidl einkaufen musste. So verging Stund‘ um Stund‘, es war Vollmond und…kurz nach Mitternacht waren meine Batterien leer…

In der Koje sinnierte ich dann aber doch noch einmal über die Frage der Frau mit Bajuwaren-Abstammung nach: „Hoasd du oagentli Unt’rricht g’nomma?“

St. Patrick's Day 17.03.2013