Art Fabrik

 

Bereits seit Martinique hat Reinhard immer wieder Probleme mit den Augenlidern. Abwechselnde Entzündungen haben schon zu einer erheblichen Plünderung der Bordapotheke von Augentropfen und Augensalbe geführt. Da das auf Dauer kein Zustand ist, entschließt er sich auf Grenada zum Besuch der Augenklinik. Und siehe da, die Ursachen, bakterielle Infektionen und eine Überkorrektur der Brillengläser, die zu häufigem Reiben der ermüdeten Augen führt, wird genauso schnell gefunden wie die Wirkung beseitigt werden soll.

Die kompetente venezuelische Augenärztin operiert beide Augen zur gleichen Zeit. Das Ergebnis ist ein blinder Passagier an Bord. Damit ich ihn aber noch nach Hause bekomme, wird nur ein Auge abgeklebt. Das andere muss gekühlt werden.

Trotzdem zeigt sich langsam ein blauer Schimmer auf dem Lid. Neben meinem Bedauern für Reinhard steigt die Sorge in mir auf, was sich wohl unter dem Pflaster des anderen Auges befinden mag. Abends darf es abgenommen werden und ich stelle mich schon einmal auf böse Blicke anderer Marinagäste ein. Schließlich soll es ja auch Frauen geben, die ihre Männer schlagen… Doch zum Glück erweist sich die Sorge als unbegründet: Es ist quasi nichts zu sehen und auch das Veilchen des linken Auges ist kaum zu erkennen. Exzellente Arbeit!

 

Blinder Passagier
Blinder Passagier

 

So können wir auch bald wieder Ausflüge unternehmen oder wie man eine Shoppingtour nennen möchte, die sich ausnahmsweise mal nicht um Antifouling oder Ersatzteile fürs Schiff dreht. Ich brauche dringend neue Kleidung und Dieter gibt uns den Tipp, in die Art Fabrik in St. George’s zu gehen.
Der Weg dorthin führt uns durch den Sendall Tunnel, der sowohl von Autos als auch von Fußgängern benutzt wird – ohne extra ausgewiesenen Fußgängerweg versteht sich. Dafür ist der Tunnel von 1894 deutlich zu schmal.
Also mutig hinein …
Ab in den Tunnel
Ab in den Tunnel

 

… und unerschrocken die Fahrzeuge passieren lassen.

 

Gegenverkehr
Gegenverkehr

 

Nach diesem Erlebnis zieht es Reinhard zum House of Chocolate.

 

House of Chocolate
House of Chocolate

 

Aber das muss warten, denn gegenüber liegt die Art Fabrik.

 

Art Fabrik
Art Fabrik

 

Hier gibt es eine große Auswahl von komplett und ausschließlich auf Grenada gefertigten Batiktextilien und Kunsthandwerkstücken. Alles Handarbeit, alles Unikate. Noch während wir am Stöbern sind, treffen wir auf Chris, eine der beiden Inhaberinnen. Sie lädt uns ein, das Atelier im Obergeschoss zu besichtigen. Diese Einladung nehmen wir gerne an. Im Atelier begrüßt uns die zweite Inhaberin Lilo. Sie stammt aus der Schweiz, ist ebenfalls Seglerin, schon viele Jahre unterwegs und lebt ebenfalls auf ihrem Boot. Lilo gibt uns eine Einführung in die jahrhundertealte Technik des Batikens, wie sie immer noch angewendet wird. Um bestimmte Muster und Formen auf den Textilien zu erhalten, wird eine Mischung aus durch Erhitzen verflüssigtem Paraffin, Bienenwachs und recyceltem Wachs mit verschiedenen Pinseln und Werkzeugen aufgetragen.

 

Demonstration der Batiktechnik
Demonstration der Batiktechnik

 

Nach dem Färben wird das Wachs wieder ausgekocht, so dass es wieder verwendet werden kann. Eine absolut nachhaltige Prozedur. Und das fertige Kleidungsstück kann sich sehen lassen.

 

Unikat
Unikat

 

Das war sicherlich nicht unser letzter Besuch in der Art Fabrik.

 

Auf dem Rückweg machen wir einen Stopp im Careenage Café. Auf einer wandfüllenden Weltkarte haben Segler aus aller Welt ihre Herkunft markiert. Unser letzter Wohnort war zwar Flensburg, aber als ich entdecke, dass auf der Karte tatsächlich Föhr zu sehen ist, entscheide ich mich dazu, die Insel, auf der ich aufgewachsen bin, zu markieren.

Der einzige Ort, den ich neben Findus als Heimat bezeichne.

 

Kleiner Punkt auf der Weltkarte
Kleiner Punkt auf der Weltkarte