Palmerston, das Atoll der Marsters

Palmerston-Shuttle

 

Auf unserem Weg nach Westen liegt Palmerston. Eine kleine Insel in einem zu den Cookinseln gehörenden Atoll.

Als Captain Cook im Jahr 1774 hier kurz landete, benannte er die Insel nach Lord Palmerston, dem damaligen First Lord der Admiralität. Zu diesem Zeitpunkt war die Insel noch unbewohnt. Dies änderte sich im Jahr 1863, als der englische Zimmermann William Marsters mit seiner polynesischen Frau, deren Schwester und einer weiteren Frau, die sie unterwegs getroffen haben auf Palmerston anlandete. Er unterteilte die Insel in drei gleich große Bereiche, für jede Frau ein Drittel. Mit diesen Frauen gründete er seine „Marsters-Dynastie“ mit 26 Kindern.

Heute leben noch 42 Nachfahren auf Palmerston und verwalten sich nach den von William Marsters aufgestellten Regeln nach wie vor selbst. Viele weitere Nachfahren leben mittlerweile in Australien oder Neuseeland. Auf den drei Inselabschnitten wohnen die Familien von Bill Marsters, Edward Marsters und Bob Marsters. Sie leben hauptsächlich vom Fang von Papageifischen, die nach Rarotonga verkauft werden.

Nähert sich eine Yacht Palmerston, beginnt ein Wettrennen zwischen den Familien, wer Gastgeber der Crews ist. Dabei ist der erste Kontakt entscheidend, egal ob per Funk oder durch persönlichen Empfang und Zuweisung einer Mooring am Außenriff.

Bei uns und den Crews von Beachland und Sarayu ist Bob Marsters an erster Stelle. Nach den auf Palmerston geltenden Regeln holt er uns jeweils am Vormittag mit seinem Aluminium Fischerboot von Findus ab und bringt uns am Nachmittag zurück. Der Weg durch das Riff bedarf schon einiger Ortskenntnis und so nehmen wir diese Möglichkeit gerne wahr. Aber damit nicht genug der Gastfreundschaft: Wir werden am ersten Tag um die Insel geführt und erhalten einen kurzen Einblick in die Geschichte der Marsters.

 

Bob skizziert die Regierung Palmerstons

 

Hauptstraße

 

Wohnhaus von William Marsters

 

Die letzte Ruhestätte finden die Bewohner auf dem Friedhof ihres Inselabschnitts.

 

Friedhof

 

Grabstein von William Marsters

Es gibt eine Schule für die Kinder von 7 bis 15 Jahren. Die weitere Schulbildung findet dann auf der Hauptinsel Rarotonga statt.

 

Palmerston Lucky School

 

An einem kleinen Häuschen können wir sogar einen Zugangscode für das Internet erwerben.

 

Telekommunikationsstation

 

Viele Familien haben Palmerston in den letzten Jahren verlassen. Die Häuser wurden einfach aufgegeben.
Auch die Jugendlichen zieht es zum großen Teil nach Australien oder Neuseeland. Auch drei der sechs Kinder von Bob leben in Australien und Rarotonga. Nur die Nachbarstochter von Bob hält ein Leben außerhalb von Palmerston für zu gefährlich.

Nach dem Rundgang geht es zum Lunch zu Bob. Seine Frau Tepou hat reichlich vorbereitet: Es gibt u. a. Papageifisch, Huhn, Schwein und herzhafte Pfannkuchen. Eine große Auswahl für uns Yachties, obwohl wir gar nicht erwartet wurden; mit Ausnahme von Sararyu, die auf ihrem Katamaran eine große Lieferung Obst und Gemüse von Aitutaki mitbringen. Organisiert wurde der Transport über das Zollbüro. Wir hatten ebenfalls angeboten, Sachen nach Palmerston zu transportieren, unsere Findus wurde aber als zu klein befunden. Bei den Mengen, die unsere Nachbarn in Bobs Boot befördern, können wir die Einschätzung nur teilen.

 

Essplatz im Freien

 

Ein bisschen gewöhnungsbedürftig ist, dass die Gastgeber uns beim Essen zusehen und erst selbst essen, nachdem wir fertig sind. Sie leisten uns Gesellschaft, genauso wie einige der zahlreichen Hühner.

 

Kleine Versammlung

 

Jeden Tag werden wir abgeholt und ausgiebig verpflegt. Auch unsere Wäsche dürfen wir hier waschen. Ansonsten sind wir frei, die Insel zu erkunden. Wir umrunden sie, was im langsamen Tempo einen Spaziergang von 30 Minuten bedeutet. Dabei sehen wir das Wrack der RiRi, die im Jahr 2011 Schiffbruch erlitt, als der Wind auf West drehte und die Mooring am Außenriff nicht hielt. Den Ratschlag Bobs, einen zusätzlichen Anker auszubringen, wollte der Captain nicht befolgen. Das zum Glück unverletzte Skipperpaar wurde von anderen Seglern mit nach Tonga genommen. Aber für das Boot gab es keine Rettung.

 

RiRi

 

Am Strand treffen wir auch auf eine der vielzähligen Krabben. Natürlich zieht sie sich sofort in ihr Haus zurück. Aber was bei Schnecken im Wattenmeer funktioniert, funktioniert auch auf der anderen Seite der Welt. Leichte Schaukelbewegungen locken den Bewohner für ein Foto aus dem Haus.

 

Hamcrab

Wir fühlen uns wie auf einer verlassenen Insel. Und so versucht Reinhard auch gleich, eine Kokospalme zu erklimmen.

 

Hoch hinaus

 

Nach zwei Tagen haben die anderen beiden Crews Palmerston verlassen. Wir warten lieber auf ein besseres Wetterfenster, denn der Wind ist so stark, dass Bob uns an einer zweiten Mooring vertäut. Bei unserer Nähe zum Riff und dem anscheinend zweifelhaften Zustand der Moorings sind wir über einen zusätzlichen Halt dankbar. Außerdem sind wir, wie alle Bewohner Palmerstons auch, zum Geburtstag eines Zweijährigen eingeladen. Eine der vielen Gelegenheiten, um gemeinsam zu essen. Vorher machen wir noch mit Bob, Tepou und den beiden Töchtern Musik. Mit der Ukulele in der Hand, marschiert Bob anschließend voraus zur Geburtstagsfeier, wo Reinhard auch mit seinem Akkordeon aufspielt.

 

Musik, Musik, Musik

 

Wir werden auch bei der Feier herzlich aufgenommen und am Ende des Nachmittags dürfen wir nicht gehen, ohne uns ein paar Portionen des guten Essens mit aufs Boot zu nehmen.

Wir revanchieren uns für die Gastfreundschaft u. a. mit Lebensmitteln, Angelequipment, Kosmetikartikeln, Kugelschreiber, Buntstiften und der Bezahlung der Mooring. Das Versorgungsschiff kommt nur alle paar Monate und es gibt keine Möglichkeit, in der Zwischenzeit etwas einzukaufen.
Wir empfinden den Besuch auf Palmerston als eine große Bereicherung. Einerseits, weil es so ungewöhnlich ist, von Fremden in dieser Form aufgenommen zu werden, andererseits, weil wir sehen, welche harten Bedingungen ein Leben im vermeintlichen Paradies haben kann. Neben den Versorgungsschwierigkeiten und der fehlenden ärztlichen Versorgung – es gibt lediglich eine Krankenschwester, die Tabletten ausgibt – ist es auch die fehlende Mobilität. Einfach die Insel zu verlassen, um der Nachbarinsel einen Besuch abzustatten, ist nicht möglich. Möchte man nach Rarotonga, muss man dort auch in der Regel mindestens zwei Monate bleiben, bevor das Versorgungsschiff einen auf einer zweitägigen Fahrt wieder zurück bringt. Und kommt ein Zyklon, was zum Glück nicht so oft der Fall ist, binden sich die Bewohner in der Mitte der Insel an den Palmen fest. Da haben wir es doch deutlich einfacher.