Kurzurlaub auf Santo Antão

 

Bekanntermaßen sitzen wir in der Flaute fest. Da wir wissen, dass diese noch mindestens bis Sonntag anhält, machen wir uns gemeinsam mit der Atanga-Crew zu einem Kurzurlaub auf die Nachbarinsel Santo Antão auf.

Auf dem Plan stehen eine Inselrundfahrt und zwei Wandertage.

Offensichtlich können wir von Glück sagen, dass der Atlantik eher einem Ententeich gleicht. Auf der Fähre werden wir vom Personal angesprochen und man hält uns schwarze Plastiktüten hin. Es dauert etwas, bis wir verstehen, dass es sich um Spucktüten handelt. Einige Passagiere können es kaum abwarten, dieses Hilfsmittel in der Hand zu halten und viele sitzen mit unglücklichen und konzentrierten Gesichtern neben uns. Aber die Überfahrt verläuft unspektakulär.

 

Alugua - Sammeltaxi
Alugua – Sammeltaxi

 

Spektakulär ist hingegen, was uns auf Santo Antão erwartet: Eine großflächige grüne Oase im Norden. Schon bei der Inselrundfahrt entdecken wir die besondere Schönheit der Insel. Und am nächsten Tag haben wir auf der Wanderung das Gefühl, in einer vollkommen anderen Welt zu sein.

 

Grüne Landschaft
Grüne Landschaft

 

Ribeira do Paúl
Ribeira do Paúl

 

Traditionelle Häuser
Traditionelle Häuser

 

Nachdem wir in einen landwirtschaftlich bestellten Krater absteigen und von dort wieder aufsteigen, führt uns ein steiler Abstieg in eine paradiesische Landschaft. Wir wandern durch blühende Zuckerrohrplantagen, an Kaffee-, Papaya- und Brotfruchtbäumen vorbei.

 

Blühende Zuckerrohrpflanzen
Blühende Zuckerrohrpflanzen

 

Wir können uns nach den Wochen der Trockenheit kaum satt sehen. Liebevoll sind Gemüsebeete auf kleinen Terrassen angelegt. Yamswurzeln werden im Flußlauf kultiviert.

 

Viedo Wasser in den Bergen

 

Video: Wasser in den Bergen

 

 

 

 

 

 

 

 

Aber all das kann natürlich nicht darüber hinwegtäuschen, wie beschwerlich das Leben auch auf dieser Insel ist. Die Felder im Krater werden mühevoll mit der Hand bestellt und die Ernte auf Eseln abtransportiert. Eine Zufahrt mit dem Auto ist nicht möglich.

 

Transportesel
Transportesel

 

Auch unsere Pension ist nur nach einem 15-minütigen Fußmarsch, steil bergan versteht sich, zu erreichen. Dafür gibt es hier Bananen und Papayas aus dem eigenen Garten.

Eine besondere Herausforderung muss es sein, im Dorf Fontainhas zu leben. Mitten auf einer Felsnase, die nur auf einer engen, steilen und kurvigen Kopfsteinpflasterstraße zu erreichen ist und deren Zustand für so manches Auto lebensverkürzend sein dürfte, steht eine Ansammlung von Häusern.

 

Fontainhas
Fontainhas

 

Es ist immer wieder erstaunlich zu sehen, an welchen entlegenen Ecken sich Menschen niederlassen.

 

 

Mendingas

 

Wir hören, dass es in Mindelo eine besondere Tradition gibt. An den vier Sonntagen im Januar ziehen die Mendingas, angeblich komplett mit Altöl eingeschmierte Männer, zu Trommelrhythmen durch die Straßen. Eine Tradition, die an die afrikanischen Wurzeln erinnern soll.

Mit drei weiteren Crews machen wir uns auf den Weg. Das sonst so belebte Mindelo liegt verlassen da. Aber irgendwo in der Ferne hören wir Trommeln. Wir werden in eine uns unbekannte Ecke der Stadt geschickt. Immer größere Gruppen vor allem junger Menschen sehen wir in eine Richtung laufen. Wir folgen ihnen und sind plötzlich mittendrin.

Pechschwarz angemalte Männer, teilweise mit Dreizack, Perücken oder Federn ausgestattet, ziehen tanzend in einer großen Gruppe durch die Straßen.

 

Mendingas
Mendingas

 

Wir sind weit und breit die einzigen Weißen, umgeben von sehr viel Rhythmus, lauter Musik und sehr viel Fröhlichkeit. Wir lassen uns mitreißen und fühlen uns kein einziges Mal unwohl oder gar bedroht.

 

 

Keine Zwiebeln – kein Geld – kein Wind

 

Nach neun Hafentagen hat der Starkwind in Mindelo/São Vicente endlich nachgelassen.

Wir haben die Zeit genutzt, um uns die Insel anzusehen.

Der Trans-Ocean Stützpunktleiter Milan organisierte für die deutschen Yachties einen Kleinbus und schon bald stellten wir fest, dass die Insel ziemlich karg und fast menschenleer ist. Nur in einem kleinen Gebiet, in dem Wasser vorhanden ist, kann Gemüse und Obst angebaut werden. Ansonsten sind die Menschen auf Fisch angewiesen und auf die überwiegende Versorgung durch Portugal.

TO-Safari auf São Vicente
TO-Safari auf São Vicente

 

Südostküste
Südostküste

 

Seltene Wolken in 700m Höhe
Seltene Wolken in 700m Höhe

 

Freilaufende Ziegen
Freilaufende Ziegen

 

Die lebensfrohen Verdianer bleiben dabei ganz gelassen, auch wenn es mal für unbestimmte Zeit keine Zwiebeln gibt. Dafür kostet ein Kilo frisches Thunfischfilet knapp 10€. Bei einem durchschnittlichen Monatslohn zwischen 200 und 400 € kann sich das aber eine Familie kaum leisten.

 

Natürlich wurde die Zeit auch genutzt, um das Boot zu entsalzen und technisch zu optimieren. Bei der Raymarine-Wheel-Autopilotanlage drehte der Keilriemen durch, da er in der Salzlösung keinen Griff mehr auf das Steuerrad erzeugte.

Zusätzlicher kleiner Stützarm an der Hydrovane
Stützarm

Die Windpilotanlage wurde um ein zusätzliches Halterohr verstärkt, da bei hohen Wellen und starkem Ruderdruck die Ruderwelle leicht aus dem Lot geriet.

Ansonsten beschäftigen wir uns auch große Zeit mit Suchen. „Weißt Du, wo …. ist?“ Das ist zumeist, trotz umfangreicher Staulisten, der Anfang von umständlichen Nachforschungen in Backskisten und jeglichen Stauräumen. Und so stapeln sich im Salon die Sachen. Hat man endlich das gesuchte Teil gefunden, muss alles wieder eingepackt werden. Aber manchmal hat man auch Glück und findet dabei die lange Schlafanzughose wieder, die man jetzt nachts gut tragen kann, denn bei Temperaturen um 20 Grad wird einem nachts schon mal kalt.

Natürlich ließe sich das Problem lösen, z.B. durch eine radikale Reduktion der Ausrüstung oder … , aber dieses heikle Thema wird bisher beharrlich an Bord unterdrückt. …allerdings schaut Mann doch schon mal sehr interessiert auf größere Yachten.

Bisher konnten wir überall mit der Visa-Card bezahlen oder Geld abheben. Aber heute standen wir ratlos vor unserem Lieblings-Automaten, der uns partout nichts ausspucken wollte. Auf Nachfrage in der Bank wurde uns mit Achselzucken mitgeteilt, dass die Bank kein Geld mehr habe, vielleicht aber morgen wieder.

Zurzeit spielt das Wetter so gar nicht mit. Wir hatten die Abfahrt schon im Visier, als die Wettervorhersagen bei allen Crews im Hafen zur überraschenden Ratlosigkeit führte. An eine Abfahrt ist momentan nicht mehr zu denken, denn mitten auf dem Atlantik kündigt sich ein großes Flautenloch an, was sich danach sogar in Gegenwind verwandeln soll. Ein derartiges Wetterphänomen soll es zuletzt vor achtunddreißig Jahren gegeben haben.

Wer jetzt über den Atlantik will, braucht entweder 1000 Liter Diesel an Bord oder Vorräte für lange Zeit.

So wird wahrscheinlich eine ganze Flotte nach Wiedereintreffen des NO-Passatwindes sich auf den Weg nach Westen machen. Für viele Crews wurden ihre Pläne hinfällig.

Auch wir werden warten müssen, aber wir sind schließlich Zeitmillionäre.