Fiji Culture Village

Besuch im Dorf

 

Wir nutzen die Zeit bis zum Eintreffen von Ersatzteilen, um etwas über die Kultur des Landes zu erfahren und buchen eine Tour zur Fiji Culture Village.

Das Freilichtmuseum – quasi Kiel-Molfsee in der Südsee – wurde im vergangenen Jahr von einem chinesischen Geschäftsmann mit dem klangvollen Namen Peter Pan eröffnet und hat zum Ziel, die traditionelle und historische Lebensweise zu vermitteln. In dem nachgebauten Dorf stehen mehrere Hütten – genannt Bure – mit unterschiedlicher Thematik. Von der Schlafhütte für acht Personen, über die Kochhütte, bis hin zur Hütte des Chiefs und dem Tempel.

 

Kochhütte

 

In mehreren kleineren Buren wird das Handwerk demonstriert: Neben dem Herstellen der geflochtenen Schlafmatten und der Druckkunst für Kleidung und Wandbehänge auch die Herstellung von Waffen und Werkzeug.

Max, der uns durch das Dorf führt, erläutert dabei sehr anschaulich die Funktionsweise der einzelnen Waffen. Wie in Französisch-Polynesien gab es auch auf Fidschi Kannibalismus. War das Gehirn durch den Einsatz verschiedener Waffen und Werkzeuge freigelegt, durfte es nicht mit bloßen Händen angefasst werden. Hierfür gab es eine Art „Spezialgabel“.

 

Kannibalenbesteck

 

Man kann es wohl als eine der guten Seiten der Missionarszeit sehen, dass dies endete. Ebenso wie der Brauch, dass die Hauptfrau des Chiefs nach dessen Tod stranguliert wurde, um ihm auch auf der anderen Seite zu dienen.

Nach der Tour durch das Dorf wird der Erdofen mit Huhn, Fisch und Gemüse aus dem dazugehörigen Biogarten bestückt. Ursprünglich wurden das Huhn und der Fisch in Bananenblätter eingewickelt. Heute nimmt man Alufolie. Nicht gerade die umweltfreundlichere Variante, aber am rauchigen Geschmack des „Lovo“ genannten Gerichts hat es wohl nichts geändert. Die Bananenblätter werden für den Geschmack immer noch zu den glühend heißen Steinen gegeben, auf denen das Fleisch abgelegt und hinterher mit verschiedenen Schichten aus verschiedenen Materialien zugedeckt wird.

 

Lovo

 

Während das Essen gart, schauen wir uns traditionelle Tänze und Wettkämpfe an.

 

Tänzerinnen und Krieger

 

Und auch eine Kava-Zeremonie (Sevusevu) wird abgehalten.

 

Sevusevu

 

Kava ist eine Wurzel, die früher weich gekaut, heute glücklicherweise gemahlen, und mit Wasser zu einem lehmartig aussehenden Getränk angerührt wird. Die Wirkung ist beruhigend und ausgleichend. Der Geschmack ist so, wie das Aussehen der braunen Brühe vermuten lässt.

Um uns die Kultur Fidschis richtig zu vermitteln, ist bei allen Showteilen ein Mitmachen erwünscht. So fällt Reinhard, der eigentlich keinerlei Lust verspürt Kava zu probieren, die Rolle des „Spokesman“ zu, der die einzelnen Schritte der Zeremonie mit kurzen Worten begleitet und als zweiter nach dem Chief eine Schale leeren darf.

Ich werde hingegen als Trophäe für einen Kokosnuss-Schälwettstreit auserkoren. Anscheinend steht der Sieger nicht fest und so wollen die Krieger die Kokosnuss teilen. Den Preis vermutlich auch. Aber soweit kommt es dann doch nicht.

 

Sieger mit Trophäe

 

Nach dem Ende der Show werden im Restaurant sowohl „Lovo“ als auch weitere traditionelle Fidschi-Gerichte – u. a. Fisch Lolo und ziemlich scharfer Weißkohl – serviert. Der Blick geht über den Garten und den nahe gelegenen Fluss, der so gut wie kein Wasser führt. In der letzten Regenzeit war der Fluss allerdings 6m höher, sodass er das Restaurant flutete.

 

Nadi River

 

Da können wir nur hoffen, rechtzeitig vor Beginn der Zyklonzeit wieder segelklar zu sein.

 

 

 

Ankunft auf Viti Levu

Port Denarau

 

Unsere Fahrt von Lomaloma nach Port Denarau auf Fidschis Hauptinsel verläuft recht gut. Wir können wie erhofft gut segeln. Verwundert sind wir unterwegs nur über plötzlich auftretende Wellen. Erst später erfahren wir, dass an der Stelle, an der wir vor einer Woche die Kollision mit dem Wal hatten, ein Seebeben der Stärke 8,2 in 570 km Tiefe stattgefunden hat. In der Folge entstanden kleine, aber nicht gefährliche Tsunami-Wellen. Welch ein Glück für uns, denn in Küstennähe wäre das mit Sicherheit nicht gut ausgegangen.

 

In Port Denarau werden wir zunächst per Funk an den Steg für die Superyachten gelotst, da ansonsten alle Plätze belegt sind. Hier kommen die Vertreterinnen von Immigration und Zoll sowie ein Herr von der Biosecurity an Bord. Alle sind nach Fidschi-Manier fröhlich und freundlich und erfreuen sich an unserer Walgeschichte sowie den dazugehörigen Bildern und Filmen.

 

Nur ein kleines Detail in unseren Reisepässen führt zu einer Diskussion mit der Dame von der Immigration: Das „D“ unter der Überschrift „Kode/Code/Code“. Das hieße ja wohl „Dutch“ also holländisch. Ich halte das für einen schlechten Scherz und sage „Nein, „D“ wie Deutschland – das deutsche Wort für Germany.“ Damit halte ich die Angelegenheit für erledigt. Aber die Dame beugt sich zu ihrer Kollegin vom Zoll und teilt ihr mit, dass „D“ doch für „Dutch“ stehe und die Staatsangehörigkeit „Deutsch“ kann nur auf einen Schreibfehler im Pass zurückzuführen sein. Nun gehe ich etwas vehementer dazwischen. Auch der Captain schaltet sich ein. Man lächelt und wir denken, dass alles gut ist.

Wir sind wahrscheinlich nach den Ereignissen der letzten Woche und der Überfahrt zu müde, ansonsten hätten wir rechtzeitig bemerkt, dass die freundliche Dame vom Zoll tatsächlich „Dutch“ als unsere Nationalität in einem Formular eingetragen hat. So kommt man also zu einer neuen Staatsangehörigkeit. Hoffentlich setzt sich das nicht bei unserer Ausklarierung fort.

 

Crew-Shirts Kollektion 2018

 

Auf jeden Fall sind wir froh, endlich einen Stempel im Pass zu haben und uns frei an Land bewegen zu dürfen. Und besonders froh sind wir, dass wir noch angekommen sind, während unsere Nichte Sandra aus Sydney auf Fidschi ist.

Eigentlich wollte sie uns hier an Bord besuchen kommen und ausgerechnet diesmal sind wir von unserem eisernen Grundsatz abgewichen, dass ein Flug zu uns erst dann gebucht wird, wenn wir an dem entsprechenden Ort angekommen sind. Natürlich habe ich Sandra direkt angerufen, nachdem wir den Verlust unseres Propellers festgestellt haben, damit sie den Flug stornieren kann. Doch sie hat sich entschieden, trotzdem zu fliegen, ein Hotel in der Nähe von Port Denarau zu buchen und ihren Freund gleich mitzubringen.

Eine schöne Überraschung für uns und natürlich sind wir gespannt auf Andy, ihren Freund, den wir als erste von unserer Familie kennenlernen. Das erste gemeinsame Abendessen im Yachtclub „The Rhum-Ba“ in der Marina ist dann auch, wie nicht anders erwartet, voller Wiedersehens- und Kennenlernfreude.

Am nächsten Tag möchten wir eigentlich eine kleine Bootstour machen. Aber dafür ist es leider zu windig und wir möchten mit den noch unbekannten Schäden kein Risiko eingehen. Aber da die Sonne so schön scheint nutzen wir die Gelegenheit, in „unserer“ T-Shirt Kollektion von Tonga zu posen.

 

Kleine Trainingseinheit

 

Anschließend geht es mit dem Mietwagen der Beiden zum nahe gelegenen Wailoaloa Beach. Während wir zwei den Ausblick genießen, betätigen sich die beiden sportlich beim Acro-Yoga (acrobatical Yoga).

Da Andy auch Gitarre spielt, klingt der Abend mit Musik im Cockpit aus. Wir kreieren dabei gleich einen neuen „Bula-Song“ – vierstimmig. „Bula!“ ist quasi das nordische „Moin!“ Als Antwort schallt einem meistens „Bula, Bula!“ entgegen. Hier auf der Hauptinsel ist so ziemlich alles „Bula“ – „Bula-Bus“, „Bula-FM“, sogar „Bulabong“ T-Shirts gibt es.

 

Die Zeit mit Sandra und Andy vergeht viel zu schnell. Wir freuen uns auf das hoffentlich baldige Wiedersehen in Australien und gemeinsame Segeltouren im australischen Sommer.

 

 

Fiji – where happiness finds you

Lomaloma

 

Nachdem ein Wal unsere Pläne durchkreuzt hat, ordnungsgemäß in Suva/Fidschi einzuklarieren, sind wir vor Lomaloma auf Vanua Balavu in der nördlichen Lau Gruppe vor Anker. Uns fallen die kahlen Hügel auf. Wir wir erfahren, zog hier 2016 ein starker Zyklon durch.

Hier darf man eigentlich erst hinfahren, wenn man in einem offiziellen Einklarierungshafen gewesen ist. Dort kommt dann als erstes ein Health-Officer an Bord, um zu klären, ob alle gesund und munter sind. Danach kann die gelbe Flagge eingeholt werden und mit den Offiziellen von Biosecurity, Immigration und Customs können die weiteren Formalitäten erledigt werden.

Wegen unseres fehlenden Propellers dürfen wir auch ohne die Einklarierung hier ankern. Ordnungsgemäß haben wir die gelbe Flagge oben und die stellt nun ein besonderes Problem dar, denn ohne Health-Inspektion darf niemand an Bord kommen und wir dürfen das Schiff auch nicht verlassen. Reinhard meint, dass wir die Flagge besser nicht hochgezogen hätten, aber das hätte wohl nichts verändert, jedenfalls nicht zum Guten.

Wahrscheinlich hätten wir eine Strafe zahlen müssen, denn Fidschi nimmt die Regelungen sehr ernst. Spätestens 48 Stunden vor der geplanten Ankunft muss ein 13-seitiges Formular ausgefüllt und nebst Foto vom Schiff und Foto vom Reisepass des Captains geschickt werden. In dem umfangreichen Fragenkatalog geht es auch darum, ob unsere Ratten und Mäuse auf der Reise verhaltensauffällig geworden sind oder mehr als üblich unter ihnen gestorben sind. Zum Glück gehören diese Tiere nicht zu unserer Crew. Das haben wir alles brav gemacht, aber trotzdem gibt es keine Ausnahme für uns. Selbst die Polizistin, die mit uns ein echtes Problem in der Bucht liegen hat, darf nicht an Bord.

Unsere frischen Vorräte sind verbraucht, denn wir wollten vermeiden, dass Obst und Gemüse von der Biosecurity einkassiert wird. Auch das Brot ist zur Neige gegangen und die Wasservorräte schwinden so langsam.

Wir haben zwar zum Glück unseren alten 3-Blatt Festpropeller mit auf die Reise genommen, aber keine Ahnung wie lange es dauert, den Rest des alten Propellers abzuziehen und den Ersatzpropeller anzubringen. Ganz davon zu schweigen, ob uns das überhaupt alleine gelingt. Außerdem benötigen wir Internet und eine lokale SIM-Karte, um die Schadensregulierung in die Wege zu leiten und in Kontakt mit Port Denarau, wo es die besten Reparaturmöglichkeiten Fidschis geben soll, zu treten. Schließlich benötigen wir einen Krantermin, um das Ausmaß der Schäden festzustellen.

Die Polizistin hat für all das Verständnis. Als erste Hilfe Maßnahme organisiert sie uns um die 20 Bananen und drei riesige Papayas, damit wir nicht verhungern.

 

Die Polizei, Deine Freundin und Helferin

 

Dann nimmt sie das Problem mit der gelben Flagge in Angriff. Ich traue meinen Augen kaum, als sie ein Telefon mit Hörer aus ihrer Handtasche zieht und diverse Telefonate führt.

 

Das etwas andere Handy

 

Am Ende steht fest, dass ein Health-Officer zu uns an Bord kommen wird. Da wir nicht in einem offiziellen Einklarierungshafen sind, kostet uns diese Inspektion 1.000 FJD (ca. 415,- €) extra. Eine Wahl haben wir in unserer Situation nunmal nicht. Die Gesundheitsinspektion verläuft unproblematisch. Nun dürfen andere Personen zu uns an Bord kommen. Allerdings nur von der Polizei genehmigte.

Und einfach alleine an Land herum spazieren, ist auch jetzt noch nicht möglich. Schließlich fehlen uns noch die Stempel im Pass. Kurzfristig steht im Raum, dass einer von uns nach Suva fliegen muss. Das Flugzeug geht nur einmal die Woche und wenn wir es richtig verstehen, könnte zwar am nächsten Tag einer von uns fliegen, müsste aber eine Woche auf der Hauptinsel bleiben. Alternativ könnten die Offiziellen eingeflogen werden. Auf unsere Kosten versteht sich.

„Unser“ Sergeant legt sich sehr für uns ins Zeug und erreicht, dass wir die Einklarierung vollenden können, wenn wir auf der Hauptinsel ankommen. Wir müssen uns im Gegenzug immer melden, wenn wir an Land gehen möchten, damit wir Begleitung bekommen. Waqa wohnt uns gegenüber und gehört dazu, da wir vor seinem Land ankern. Er besucht uns mit Enkelin und unsere Obstverpflegung stammt aus seinem Garten. Auch Regenwasser können wir bei ihm bunkern.

 

Unser „Aufpasser“ Waqa

 

Eine Lösung, mit der wir gut leben können und die uns einige Kosten spart. Außerdem hoffen wir alle, dass unser Aufenthalt nur von kurzer Dauer sein wird. Auch wenn wir die Attraktion schlechthin sind. Mehrmals täglich fahren Einheimische in voll besetzten Booten an uns vorbei und machen Film- und Fotoaufnahmen von den Deutschen und ihrem Schiff.

Für den nächsten Tag hat sich der Health-Officer zur Verfügung gestellt, um mit mir zur Bank zu gehen und ein paar Besorgungen zu machen.

Der erste Gang geht zur Bank oder besser gesagt, die erste Fahrt. Der Health-Officer wird in einem neuen klimatisierten Verwaltungsfahrzeug zu jeder Station chauffiert, die wir anlaufen müssen. Und ich bin dabei. Nun ist Lomaloma nicht sonderlich groß. Der Ort hat insgesamt ca. 200 Einwohner und der Bereich, den wir rauf und runter fahren ist nicht länger als die Große Straße in Flensburg.

Wir starten also bei der Bank, denn der Health-Officer bekommt von uns ca. 1.200 FJD, die wir natürlich nicht an Bord haben. Die Bank öffnet nur Montag, Mittwoch und Freitag. Das ist an und für sich kein Problem, denn es ist Mittwoch. Die nächste gute Nachricht ist, dass ich mit der Kreditkarte Geld über ein Kartenlesegerät bekommen kann. Aber dann gibt es doch eine schlechte Nachricht: Die maximale Summe, die ich pro Tag ausgezahlt bekommen kann beträgt 300,- FJD.

Ich vermute, dass wir nicht fahren dürfen, bevor wir die Gebühren bezahlt haben. Der Health-Officer bestätigt das. Als ich vorschlage, mit einer weiteren Kreditkarte Geld abzuheben, schaut er ein bisschen unglücklich drein und antwortet nicht so richtig. Er scheint selbst ein bisschen erschüttert zu sein, dass Donnerstag die Bank geschlossen ist. Aber die Dame von der Bank leiht der Post vielleicht das Kartenlesegerät. Dann könnte ich zumindest am nächsten Tag wieder Geld abheben.

Allerdings ist unklar, ob überhaupt genügend Geld dafür da ist, dass ich so oft Geld abhebe. Angesichts dieser bizarren Situation kann ich mich vor Lachen kaum halten. Eigentlich sollen wir so schnell wie möglich weiter und dann bekomme ich mitgeteilt, dass wir zwei Wochen Zeit haben (und wohl auch brauchen), um die Gebühren zu bezahlen.

Aber nicht verzagen lautet das Motto. Wir fahren erstmal fünf Meter weiter zum nächsten Geschäft. SIM-Karten sind leider aus, also fahren wir zehn Meter zurück zur Post. Dort sind die SIM-Karten auch aus, aber der nette Postbeamte leiht mir eine alte Karte aus seinem Privatbestand. Fantastisch!

Dann geht es zwanzig Meter in die andere Richtung in ein weiteres Geschäft. Schließlich werde ich mit meinen Einkäufen wieder an der Hafenmole abgeliefert. Nebenbei zeigt mir der Health-Officer ein kleines Motorboot. Das gehöre Mel Gibson, der vor ein paar Jahren die Nachbarinsel Mago-Island gekauft habe. Noch vor zwei Wochen sei er da gewesen. Schade, den hätte ich natürlich sehr gerne getroffen.

Zurück an Bord hat Reinhard sich für die Unterwasserarbeiten bereit gemacht. Mit dem „Freediver“ – unserem Tauchkompressor, der über einen Schlauch mit dem Tauchregler verbunden ist – macht er sich daran, die Reste des verlorenen Propellers abzubauen. Alles nicht ganz so einfach. Am Vortag konnte er zumindest schon die Sicherungsschraube lösen. Mehr war bei der Sicht, der Strömung, und der Kälte des Wassers nicht drin. Aber er ist zuversichtlich, nun den verbliebenen Kegel zu entfernen. Die Polizei hat sich zwischenzeitlich schon nach dem Stand der Arbeiten erkundigt und ihren Besuch angekündigt. Als Reinhard gerade ins Wasser möchte, kommt sie zu uns an Bord.

 

Fiji-where happiness finds you

 

Sie bringt wieder 20 Bananen und eine Idee mit: Der Manager von Mago-Island, also von Mel Gibson’s Insel, könne uns helfen. Sie ruft ihn an, reicht mir das Telefon und ich schildere die Situation. Das sei alles kein Problem, er würde morgen seine Mechaniker mit Tauchern zu uns schicken, die könnten den Kegel entfernen und den Ersatzpropeller anbringen. Ob ich sonst noch etwas bräuchte? Ich soll ihm nur die Maße mitteilen, damit sie passendes Werkzeug mitbringen können.

Ich kann es gar nicht fassen. Ich gehe fest davon aus, dass das Problem am nächsten Tag behoben ist und wir dann nur noch die Zahlung unserer Gebühren bewerkstelligen müssen. Dann könnten Reinhard und ich uns doch einen entspannten Nachmittag machen.

Aber nein, mein Mann möchte nicht so einfach aufgeben. Der Wind ist frisch, das Wasser auch, doch Reinhard verbringt gute zwei Stunden im Wasser bzw. nass im Cockpit und versucht, mit unserem Abzieher den Kegel von der Welle zu bekommen. Der packt nicht so wie er sollte, obwohl der Captain ihn mit verschiedenen Dingen aus dem Fundus zu verstärken versucht. Mehrmals sagt er: „Noch ein letzter Versuch!“, aber es will nicht gelingen. Ein bisschen frustriert gibt er schließlich auf.

Am nächsten Vormittag kommt das Team von Mago-Island angefahren. Zu sechst haben sie die ca. 35 Minuten dauernde Fahrt angetreten. Sie bringen ein extra für uns angefertigtes Werkzeug mit, um den Kegel abzuziehen. Auch damit geht es zunächst schwer und es braucht vier Personen, bis mit einem Ruck das Überbleibsel ab ist.

 

Das richtige Werkzeug

 

Die Welle wird mit Schmirgelpapier unter Wasser abgeschliffen, der Ersatzpropeller aufgesetzt und mit Locktide die Sicherungsschraube angebracht. Dann wird kontrolliert, ob alles hält und wie der Propeller läuft. Der Propeller sitzt, aber die Welle ist verbogen. Um zur Hauptinsel zu kommen, sollte es reichen. Zumal wir natürlich möglichst segeln und nicht motoren wollen. Nach knapp 1,5 Stunden legt das fröhliche Team von Mago wieder ab.

 

Tolles Team

 

Als ich mich bei dem Manager bedanke und frage, was wir ihm schulden, lautet seine Antwort, dass wir anderen, die Hilfe bräuchten, ebenfalls helfen sollten. Was für eine beeindruckende Einstellung! Diese „Bezahlung“ werden wir, wie schon zuvor, gerne erbringen.

Das Wetter scheint sich auch zu unseren Gunsten zu entwickeln. Schon am nächsten Tag könnten wir weiter segeln. Wenn nur nicht die Gebühren noch zu zahlen wären. Aber der Health-Officer sagt mir zu, eine Lösung zu finden. Er würde sich mit mir am Tag der geplanten Abreise noch einmal treffen und das weitere Vorgehen besprechen.

Wir telefonieren morgens und er meint, in einer halben Stunde könne er da sein. Wir müssen die Tide bzw. die Strömung beachten und wollen spätestens um 15:00 Uhr fahren. Dafür sollten wir um 13:00 Uhr zurück an Bord sein.

Nach zweieinhalb Stunden habe ich immer noch nichts von ihm gehört. Wir verabreden uns mit der Polizistin, um die geliehene SIM-Karte zurückzugeben und Wasser zu bunkern. Schließlich gelingt es ihr, den Health-Officer telefonisch zu erreichen: Er macht gerade seinen Führerschein.

Zum Abschied wird er dann doch noch schnell zu uns gefahren. Die Gebühren dürfen wir in Port Denarau bezahlen, wohin wir nun aufbrechen können.

 

 

 

Kollision mit einem Wal

Wal ganz nah

 

Bevor wir unsere Reise angetreten haben, war eine unserer Sorgen, mit einem Container oder einem Wal zu kollidieren. Beides Risiken, die mehr unter der Wasseroberfläche lauern und trotz größter Sorgfalt so gut wie garnicht im Voraus zu erkennen sind.

Als wir auf dem Weg von Tonga nach Suva auf Fidschi sind, müssen wir wegen absoluter Flaute eine längere Strecke mit Motor fahren. Das macht einen unheimlichen Lärm und sollte zumindest Wale schon aus weiter Entfernung auf uns aufmerksam machen.

Vielleicht funktioniert das auch, aber definitiv nicht so, wie wir es erwartet hätten: Wir kollidieren an einem schönen Sonntagmorgen kurz nach Sonnenaufgang mit einem Wal. Es rumpelt einmal durch das ganze Boot, dann noch einmal und wir glauben unseren Augen nicht zu trauen, als vor unserem Bugkorb ein Wal senkrecht aus dem Wasser kommt und eine kurze Zeit so stehen bleibt. Mittlerweile wissen wir, dass ein Wal sich mit diesem sogenannten „Spyhopping“ einen Überblick über die Lage verschafft.

Was auch immer der Wal gesehen hat scheint bei ihm zu dem Entschluss geführt zu haben, dicht bei uns zu bleiben. Und zwar ganz dicht. Er begibt sich wieder in die Waagerechte und schubst das Boot, schiebt das Boot am Rumpf, taucht unter dem Boot her, hebt es hoch und blockiert dabei das Ruder, schubst auf der anderen Seite und taucht wieder zurück.

Wir stellen fest, dass wir keine Fahrt mehr unter Motor machen und dümpeln ein paar Stunden vor uns hin. Immer mit dem schnaubenden Wal an unserer Seite. Als ein bisschen Wind aufkommt, können wir mit etwas über einem Knoten segeln, aber nur unter der Begleitung.

Der Wal entscheidet sich beim Mitschwimmen meistens für die Luvseite, so dass sich sein regelmäßig ausgestoßener Blas über das Boot und auch uns verteilt. Was im Fernsehen faszinierend aussieht, ist aus dieser Distanz reichlich unangenehm: Es ist eine hochkonzentrierte Salzflüssigkeit, die nicht sonderlich gut riecht und zudem noch mit Schleim versetzt ist.

 

Schleimiges Nass

 

Außerdem gefällt ihm der von uns eingeschlagene Kurs nicht richtig und er scheint bewusst in unseren Weg zu schwimmen und die Fahrtrichtung zu ändern. Wir stellen mit unserer Unterwasserkamera fest, dass wir den Propeller verloren haben.

 

Video: Wal unter Wasser

 

Die nächsten 24 Stunden bedeuten für uns ein Wechselbad der Gefühle. Egal wieviel Krach wir machen, der Wal bleibt. Egal wie sich unsere Geschwindigkeit entwickelt, der Wal bleibt. Wir wissen nicht, wie sich die Situation entwickelt und bereiten alles für den Fall vor, dass wir auch noch das Ruder verlieren und es dadurch zu einem Wassereinbruch kommt.

Auch der Einbruch der Nacht kann den Wal nicht davon abhalten, uns permanent auf die Pelle zu rücken. Im Gegenteil, er behindert uns immer mehr und macht es uns unter den gegebenen Wetter- und Strömungsbedingungen unmöglich, den eigentlich geplanten Kurs nach Westen zu halten.

Wir müssten durch eine Passage zwischen den Riffen, die Fidschi umgeben. Auf Anraten der Fiji Navy ändern wir den Kurs nach Norden und fahren Richtung Vanua Balavu, eine Insel der nördlichen Lau Gruppe, die man normalerweise nicht anlaufen darf bevor man einklariert und ein Cruising Permit hat.

Diese Kursänderung gefällt unserem „Begleitwal“ allerdings auch nicht. Es kostet uns einige Mühe, Richtung Norden zu segeln und der Wal taucht in regelmäßigen Abständen dicht unter uns durch. Das Anheben des Ruders können wir deutlich am Steuer spüren.

Erst am nächsten Morgen verliert er plötzlich das Interesse an uns und bleibt zurück. Wir können nicht behaupten, dass wir seine Gesellschaft vermissen.

 

Video: Wal über Wasser

 

Als wir Vanua Balavu erreichen, müssen wir vier Stunden vor der Tongan Passage kreuzen, bis das Government Schiff „Sigavou“ ankommt, um uns durch die Riffpassage zu schleppen. Zum Glück versteht der Captain seinen Job hervorragend.

 

Im Schlepp

 

Nach der Passdurchfahrt entscheidet er, wegen der Wetterbedingungen und der Dunkelheit, die Nacht vor Anker zu verbringen. Wir bleiben für diese Nacht an der Schleppleine hängen. Am frühen Morgen geht es dann weiter bis zum Hauptort Lomaloma, wo wir den Anker werfen.

Die Geschichte, die folgt, ist so unglaublich und ist im nächsten Beitrag zu lesen.

 

 

 

Tonga im Wandel

Megayacht „Aquijo“; 87x15m; Cayman Islands

 

Neiafu hat nur einen kleinen Hafen. Kreuzfahrtschiffe und Megayachten müssen deshalb vor Anker liegen. Tausende von Besuchern werden aber mit Börtebooten (Tender) übergesetzt und im Hafen mit einem traditionellen Kunsthandwerk-Markt empfangen und die Brass-Band der Schule spielt Rock‘n Roll und Glenn Miller Hits dazu.

 

 

Die drei Inselketten von Tonga wurden schon vor 2000 Jahren bevölkert und sind trotz vieler Übernahmeanstrengungen stets unabhängig geblieben. Allerdings tobten auf den Inseln bis zur Errichtung eines Königreichs Mitte des 19.Jh. erbitterte Stammesfehden. Zunächst zeigten die Niederlande und Großbritannien Interesse, 1876 auch Deutschland, das Kriegsschiffe stationieren durfte. Tonga erhielt jedoch 1900 in einem Freundschaftsvertrag den Schutz der Briten, ist Mitglied im Commonwealth und in den UN.

 

Erinnerung an die Rückgabe der Insel

 

Im Park von Neiafu auf Vava’u stoßen wir auf ein Denkmal. Es erinnert an die Übergabe der 160 Inseln an Gott durch König George Tupou V. Damit wurde das Feudalsystem im Jahre 2008 beendet und eine Demokratie eingeführt. Die Christianisierung zeigt auch heute noch deutliche Auswirkungen bei den 120.000 Einwohnern Tongas, aber wohl noch stärker ausgeprägt auf Samoa, das nördlich liegt. Die Kleidung ist nicht so freizügig wie in anderen Ländern des Pazifiks. Sonntags dürfen keine Geschäfte gemacht werden, auch sportliche Aktivitäten sind verboten. Und angeblich taucht man auch nicht unter einem Schiff durch, wenn eine Frau an Bord ist.

Das Leben ist sehr gemächlich und die Menschen sind sehr freundlich. Die Infrastruktur ist trotz enormer Zuschüsse, auch aus der EU, noch stark verbesserungsbedürftig. Geschäfte, Restaurants, Tauchschulen und Bootscharter (z.B. Sunsails und Moorings Yacht Charter) werden zumeist von Zugezogenen oder Firmen aus Europa und China geführt. Auch viele Neuseeländer und Australier haben sich hier niedergelassen und machen hier Geschäfte. Hier finden die Einheimischen Arbeit, lokale Selbstständige sind die Ausnahme.
Noch zählt Tonga zu den ärmsten pazifischen Ländern.

 

Abendstimmung

 

Die Seglergemeinde trifft sich abends in den am Hafen gelegenen Lokalitäten, die unterschiedliche Veranstaltungen von der Regatta bis zum Tanz anbieten.

Wir melden uns bei einer Session im „Refuge“ an. Vor uns spielt „Inki“ auf verschiedenen Flöten und asiatischen Instrumenten. Nach uns zur fortgeschrittenen Zeit spielt ein Altrocker.

Unsere „Band“ besteht aus Karen (Gesang), Martin (Bass) und mir (Keybord, Gitarre, Akk.). Wir spielen Jazz-Standards, Songs der 60er und 70er Jahre und Shantys. Das Auditorium singt teilweise bei den Songs lautstark mit und schunkelt sogar zur Akkordeonmusik. Unser Einsatz wird mit freiem Essen und Trinken belohnt.

Im Dinghy können wir aber selbst bei totaler Finsternis noch unser Schiff finden und die Instrumente und uns selbst trocken heimbringen.

 

Open Mic